Der längst vergangene Glanz der alten Kreisstadt Lennep als Mittelpunkt des Bergischen Kernlandes leuchtete in den Jahren 1950/1955 noch einmal auf, wenn im Stadion bedeutende Reit-, Spring- und Fahrturniere mit großen Namen der deutschen Dressur- und Springreiterszene veranstaltet wurden. An den wichtigsten Turniertagen strömen 15.000 Menschen ins Stadion. Zwischen Dressuren, Sb-Springen mit Deutschlands besten Springreitern und Fahrvorführungen - natürlich mit grauem Zylinder (Foto rechts) gab es im August 1952 auch eine Porsche-Präsentation mit dem legendären 356, damals der Traum aller sportlichen Autofahrer. Zwischen Cabrios und Coupes präsentieren Mannequins die Herbstmode des Jahres. (aus: Remscheid. Bewegte Zeiten Die 50er Jahre, von Alfred Lambeck,Text und Fotos, erschienen 1999 im Wartberg-Verlag)
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von Dr. Wilhelm R. Schmidt
Anlässlich einer Stadtführung wurde mir im August ein kleines Büchlein geschenkt, das an das Reit-, Spring- und Fahrturnier des Jahres 1953 im Lenneper Stadion erinnert. Das Büchlein besteht aus zwanzig etwa quadratischen Kartonseiten mit Klammerheftung, wovon 16 mit originalen Handabzügen von Fotos versehen sind, die damals im Lenneper Stadion bzw. während einer Kutschfahrt durch die Lenneper Straßen aufgenommen wurden. Gewidmet ist das Büchlein einem Teilnehmer des Turniergeschehens, Adolf Luckhaus, der schon 1948 beim 1. Nachkriegsturnier in Wipperfürth ein so genanntes reiterliches Schaubild mit einem Vierer-Pferdegespann präsentiert hatte, und der in den 1950-er Jahren einmal mit einem Zweispänner, von der Lenneper Bahnhofstraße kommend, quer über die Kölner Straße fuhr und einen Bretterzaun durchbrach und mit Wagen und Pferden - angeblich unbeschadet - in einem Nachkriegsgraben landete. Luckhaus war seinerzeit in Reiterkreisen eine Institution. Er hatte einen Bauernhof auf dem Lenneper Nagelsberg. Seine Spezialität war das mehrspännige Fahren mit Wagen und Kutschen. Dass bei den damaligen Turnieren die Lenneper Firma Radio Kutsch mit der Firma Radio Gast, Remscheid, Elberfelder Straße, die Mikrofon-Übertragungen installierte, zeigen in dem Buch auf mehreren Fotos beschriftete Lautsprecherstelen.
Wie der 1. Vorsitzende des Ländlichen Vereins, der Lenneper Fabrikant Wilhelm Hardt, damals einem Interview berichtete, hatte Lennep schon vor dem ersten Weltkrieg auf dem Gebiet des Reitsports einen Namen, aber erst 1926 wurde der Ländliche Reit- und Fahrverein gegründet. Der Turniersport auf breiter Basis fand allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg statt. Im Jahre 1948 wurde auf der Aschenbahn, dem kleinen Platz im Lenneper Stadion, ein erstes Nachkriegsturnier durchgeführt.
Das im Jahre 1925 eingeweihte Lenneper Stadion hatte von Anfang an nie nur eine Lenneper, sondern eine gesamtbergische und überregionale Bedeutung. In einem Zeitungsbeitrag der Bergischen Morgenpost zum 70jährigen Jubiläum des Stadions hieß es im Jahre 1995: In den Jahren nach der Inbetriebnahme 1925 gab es im Stadion buchstäblich nichts, was es nicht gegeben hätte: Fußball, Handball, Faustball natürlich, Turnerfeste, Box- und Ringkämpfe, Reiten und Motorsport, Laientheater vor und auf der Freitreppe, einmal sogar ein Windhundrennen und eine Flugzeugschau, vor allem aber Leichtathletik. Noch im letzten Jahrzehnt konnte man in Deutschland auf Sportler treffen, die in ihrer Jugend Ende der 1920er Jahre im Lenneper Stadion um den Titel der Reichsbesten etwa beim Speer- oder Diskuswerfen gekämpft und bis in die Gegenwart noch eine gute Erinnerung an die Anlage hatten. Vielen von uns sind für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg z.B. noch Polizeisportschauen und Military Tattoos (Zapfenstreiche) sowie höherrangige Handball- und Fußballspiele in Erinnerung.
Was den Pferdesport in den Nachkriegsjahren betrifft, so heißt es heute in einer Internetveröffentlichung des Vereinigten Reit- und Fahrvereins Remscheid e.V.: Erst 1946 sollte er wieder zu neuem Leben erwachen. Man begann wieder mit dem Training; zuerst auf einer Wiese in Dahlerau und später in der alten Hardtschen Reitanlage in Lennep. Schon bald war wieder der alte Ehrgeiz geweckt und somit auch der Wunsch, an Turnieren teilzunehmen. Für August 1948 wurde das 1. große Reit- und Fahrturnier im Lenneper Stadion geplant. Bedingt durch die Währungsreform musste es jedoch leider in etwas abgespeckter Form stattfinden. Von 1949 1955 gab es dann die wirklich großen Turniere. Hier war Deutschlands Elite am Start. Und alle kamen sie gerne Jahr für Jahr wieder ins Lenneper Stadion zurück. Lennep zählte damals zu einem der 10 größten Turnierplätze Deutschlands. Fritz Tiedemann mit seinem legendären Meteor und Hans Günter Winkler mit seiner Halla waren dort zu bewundern. Die Zeitungen berichteten seinerzeit von 25.000, manchmal sogar 30.000 Besuchern". Die Reit-, Sping- und Fahrveranstaltung im Lenneper Stadion am 2. August 1953 zählte 211 Pferden; allein für das S-Springen waren 52 Pferde und für das M-Springen 80 Pferde gemeldet.