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Zu Lenneps schrägen Typen gehörte auch das Bübchen

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von Dr. Wilhelm R. Schmidt

Liebe Lennepfreunde,
die Lenneper Geschichte kennt neben mittelalterlichen Sagen auch zahlreiche Erzählchen von markanten Originalen oder schrägen Typen. Die Palette reicht von tragikomischen Schnapstrinkern, geschäftstüchtigen Fettsäcken und trickreichen Geldfälschern bis zu eigenartigen Söhnen aus gutem Hause und populären Ärzten: : der Apel-Apo, der Kutz-Jakob, der Ratten-Daniel, der Schnidder Halsöverkopp, der Mehl-Johann, Vatter Busatis, Bennad (Bernhard) Funnemann, Max und Moritz, Verleger Peter Hackenberg, die Mattkadetten (Marktkadetten), Wirt Käp Sackermann, Wirt Pe Zipp, der Spey-Ambros Strohn, der dicke Evertsbusch, der alte schöne Jüngling Strohn, der Polizeikommissar Frohnert, der Wirt Hermann (Plack) Windgassen, der Wirt Pimm Ruwiedel, der Geld fälschende Brezelbäcker, Kreiswundarzt Dr. Himmelreich, der ordentliche Fabrikant Grüderich, der Apen-Matthei, die "schönen" Leute aus der Splittergass, der Lehrer Knipp-Tacke, der alte Tacke von der Droatmühl, Dat Schlüffken, das Schneiderlein aus der Kronenstraße, die Fusel-Freunde, Adolf Hasselkus, der Finken-Johann, Oma Rös, der Schmettenknösel und die Räuberbraut, Heino der Drömer (Träumer) und der Musikvirtuose Rodenbusch vom Stahlfeld.

Zu den "Lenneper Originalen" zählt auch ein vor mehr als einem Jahrhundert in Lennep sehr bekannten Mann, man nannte ihn den „Bubi“ oder das „Bübchen“. Ihm hätte man es in seiner Jugend sicherlich nicht zugetraut, dass er sich in seinen reiferen Jahren zu einem stadtbekannten Unikum entwickeln würde. Er verpflichtete sich nach der Musterung im "Kölner Hof" für den Wehrdienst, für zwölf Jahre „bei den Preußen“ zu bleiben.

Als sog. „Zwölfender“ kam er danach Lennep stramm, kerzengerade und mit einem langen Schnurrbart versehen zurück. Weit hatte er es bei den Soldaten in den zwölf Jahren jedoch nicht gebracht, und so trat er in seiner Heimatsstadt nicht –wie damals üblich- eine kleine Beamtenstelle an, sondern er begann in Lennep mit der ihm zustehenden Abfindung ein Leben im Müßiggang. Das Abfindungsgeld hielt es dabei in seiner Tasche allerdings nicht lange aus. Durch den übergroßen Durst des „Bübchens“ wurde es vielmehr meist schnell in hochprozentige Flüssigkeiten wie den "Braselmanns" aus Beyenburg oder den "Fengersch" von der Kölner Straße umgesetzt. So hatte sich die Polizei mit ihm öfters zu befassen, und er übernachtete zur Ausnüchterung hin und wieder in den Zellen des Kreis- oder Ortsgefängnisses. Immerhin wurden „ihm zu Ehren“ später mehrere Ansichtskarten produziert, auf denen er als Lenneper Original abgebildet ist. Auf dem Bild oben ist  der "Bubi" als zweiter von links mit einer großen Schnapsflasche und einem Glas in der Hand über der Lenneper Altstadt. Sozusagen darüber erhoben und beflügelt sitzt er dort in einer Mondsichel und ist vielleicht von dort schon auf der Reise in die Ewigkeit.

Ob die Lenneper ihn aber ewig in ihrem Gedächtnis haben werden, das ist eher ungewiss. Bei meinen Stadtführungen zum Thema "Lenneper Originale" traf ich durchaus selten auf Zeitgenossen, die sich noch an ihn erinnern konnten.


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