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Schaltkotten liefert Strom für den eigenen Betrieb und RWE

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Innen- und Außenkotten. Sammlung: Schmidt.Kahnpartie am Schaltkotten. Stadtarchiv SolingenDer Schaltkotten unterhalb der Müngstener Bücke stammt aus dem Jahr 1574, wobei die ersten Genehmigungen zum Bau der Anlage bereits 1572 vorliegen. Der Name kommt aus dem "Mittelhochdeutschen", denn dort bedeutet "schalten" stoßen. Die Schleifer konnten mittels einer Stange ein Schleusenbrett (Flutschütt) vor dem Wasserrad auf- und zustoßen und so die Menge des erforderlichen Wassers zwecks zu tätigender Arbeit Genau regulieren (**. Als Doppelkotten genehmigt (am 16.12.1543 durch Herzog von Jülich, Cleve und Berg) wurde er zwischen 1572 und 1574 gebaut. Herzog Wilhelm der Reiche von Jülich und Berg gab die Genehmigung folgendermaßen wieder: "Hotten Johan zu Schaberg auf der Wopperen in der Schald eine Schleifmühle zu bauen, und Johan Ebertz und Rütger zu Schabers in der Schald auf das verlorene Wasser des Johan zu Schaberg eine Schleifmühle zu bauen..." Hierfür wurden je ein Goldgulden Pachtzins festgelegt.

Über nachfolgenden Besitzer des Kottens sind nicht alle Unterlagen komplett.1853 finden sich im Wassertriebwerksverzeichnis der Bürgermeisterei Dorp für den oberen Kotten der Name Carl K. Kirschbaum und für den unteren Kotten die Besitzer Nath. Lauterjung, Wilhelm Grah, C.R. Lauterjung, Js. August Lauterjung und Abraham Aschäuer. Carl.K. Kirschbaum war ein besonders tüchtiger Schleifermeister. Er schliff große Taschenmesserklingen (Kniepe), was besonderer Genauigkeit und Erfahrung bedurfte.

Der Schaltkotten unterhalb der Müngstener Brücke in früheren Jahren. Foto: HIZ RemscheidIn dem Doppelkotten, gebaut im Fachwerkstil, brach am 1.August 1893 ein Feuer aus; der (dem Wasser am naheliegendste) Innenkotten wurde danach abgerissen. Der Außenkotten war irgendwann vorher als einstöckiger Ziegelbau entstanden. Er wurde mit einer Turbinenanlage ausgestattet, lieferte Strom für die Anlage sowie zur Einspeisung in das Netz der RWE und ist als Produktionsstätte von 1574 bis 1967 verzeichnet. Die ersten Besitzer hatten den mehr als 100 Meter langen Obergraben ausgehoben und mit einem Wehr versehen. Nach dem Brand und dem dazugekommenen Umbau (ein Unglück kommt selten allein, und so hatte ein Hochwasser kurz vorher das gesamte alte Wehr weggerissen) bekam der Obergraben eine Sperrschleuse, das Gewaltschütt, um je nach Wasserstand mehr oder weniger Wasser zuzuleiten. Ist es geschlossen, kann man im trockenen Obergraben Reparaturen vornehmen. Schlamm und Eis konnten ebenso abgeleitet werden, was vorher nicht möglich war. Jeder Kotten hatte seine eigene Schlacht und die Produktion ging über die Jahre quer durch die aktuellen Produkte, überwiegend aus Remscheid, die geschliffen werden sollten.

Der Schaltkotten im Frühstadium des Brückenbaus. Stadtarchiv Solingen1882 heißt es, dass die Gebrüder Pinell den Kotten erworben haben. Zwei unterschlägige Wasserräder mit 3, 65 Netern Durchmesserund 20 Umdrehungen pro Minute bei einer täglichen Arbeitszeit von zwölf Stunden hatte er an seinen beiden zwei Kotten zur Verfügung. Denn nach dem Brand mit Totalschaden des an der Wupper stehenden Fachwerkkottens konnte dennoch im Außenkotten weitergearbeitet werden. (Wann der vordere Kotten in Massivziegelbauweise entstand, ist nicht näher bekannt; so ist er jedenfalls nicht schon 1574 entstanden.) Die Gebrüder Pinell und deren Nachkommen richteten den Betrieb mit zwei Rutschen zum Schleifen von Gatter- und Bauchsägen ein, hatten drei Scheiben zum Pliesten von Kreissägen, zwei Rutschen zum Schleifen von Kreissägen, zwei Rutschen zum Pliesten (Feinbearbeitung), zwei lose Schleifsteine zum Schleifen der Häckselmesser, Kreismesser und Hauer, sowie zwei Plieststellen für Bügelsägen.

Belegschaft der Firma Pinell. Stadtarchiv Solingen.Die Produktion lief bei Pinells bis 1967. Als sie aus Altersgründen aufhörten, erwarb ein Klaus Triesch als Angehöriger der Familie Pinell den Schaltkotten. Er erkannte schnell, dass mit den bisherigen Produkten kein Geld mehr zu verdienen war, räumte alle Schleifstellen ab, stellte Spindeldrehautomaten auf und richtete im Kotten eine Schraubenfabrikation ein. Diese Produktion lief bis zu seinem Tod 1985. Danach erwarb Kurt Winkler aus Amberg 986 als Sägewerksbesitzer den Kotten, errichtete an alter Stelle ein neues Stauwehr aus Beton mit einem neuen Gewaltschütt und setzte mittels einer Turbine den von Klaus Triesch installierten Generator wieder in Betrieb. Der im Kotten erzeugte Strom wird bis heute in das Netz der RWE gespeist und versorgt den jetzigen Betrieb. Es folgte der Solinger Unternehmer Mähren, der Tankreinigungen vornahm und nebenbei Oldies reparierte. Sein Sohn Stefan Mähren führt das Unternehmen momentan weiter. Er verarbeitet Stahl in allen Variationen, macht nach wie vor Tankreinigungen und versteht sich auf Edelstahlverarbeitung. Im hinteren Bereich ist die Kunstschmiede von Michael Bauer Brandes eingezogen. Ich bin immer wieder begeistert bei Tagen der offenen Tür, wie diese Schmiede aus vorher "Nichts" eine kunstvolle Gestalt wie eine Schlange oder eine Blume herstellt.


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